Kreatives Schreiben für Kinder mit Migrationshintergrund

Uncategorized

Kreatives Schreiben ist eine der ältesten Möglichkeiten, Empathie aufzubauen. Wer die Geschichte eines anderen liest, sucht automatisch nach Gemeinsamkeiten, nach Bekanntem, und versucht zu verstehen, wie der andere die Welt empfindet. Vom Schreibenden selbst kann dies als eine Form des eigenen Ausdrucks und der Selbsttherapie genutzt werden. Man stellt sich dem Selbst, den Dingen, die einen bewegen, verängstigen und begeistern.
Schreiben ist Selbstausdruck, Bewältigung der eigenen Vergangenheit und Kommunikation abseits gesellschaftlichen oder politischen Drucks. Das gemeinsame Besprechen des eigenen Texts erfordert Mut, denn man ist ein Risiko eingegangen, hat sich jemand anderem bis zu einem gewissen Punkt offenbart. Und doch begegnet man sich hier mit Verständnis, Vertrauen und Offenheit.

Geflüchtete Kinder haben ohne Zweifel viel zu verarbeiten. Nach einer Studie der Bundestherapeutenkammer wurden 41% von ihnen Zeuge von Gewalt, 25% haben Leichen gesehen, 15% wurden sogar selbst Opfer von Gewalt. Vermutlich haben 70% der Geflüchteten in Deutschland traumatische Erlebnisse hinter sich.
Gleichzeitig jedoch finden sich geflüchtete Kinder in einer fremden Kultur wieder, werden oft unfreiwillig in Gruppen isoliert, die den gleichen Hintergrund teilen. In normalen, alltäglichen Gesprächen Traumata zu verarbeiten, überhaupt erst anzusprechen, gestaltet sich erfahrungsgemäß als sehr schwierig. Hilfe, sei es auch nur durch effektive Ablenkung, ist rar, denn nach wie vor fehlen den Kindern Spiel- und Lernmöglichkeiten.

Hier können Poesie und Lieder Brücken schlagen, denn sie sind nicht nur in Europa, sondern auch in vielen Kulturen des Orients, Afrikas und des Balkans fest in die Gesellschaft verankert und dienen so als Verbindungsglied der Kulturen. In gemischten, heterogenen Schreibgruppen für Kinder mit Migrationshintergrund wird gleichzeitig die Isolation, die der Persönlichkeitsentwicklung im Weg steht, aufgelöst und eine kreative, offene Methode geboten, sich mit sich selbst und der neuen Umgebung auseinanderzusetzen.
Ob sie sich ihrer bewegten und bewegenden Vergangenheit, ihren eigenen Erfahrung, stellen wollen oder sich einfach nur dem Spaß an der Poesie und dem Erfinden von Liedtexten hingeben, um auf diese Weise Spannungen abzubauen und einfach nur zur Ruhe zu kommen, bleibt dabei ihnen selbst überlassen.

Wichtig ist hier die Durchmischung von Gruppen, das Auflösen von Cliquen. So kann ein Erfahrungsaustausch von hier aufgewachsenen mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen stattfinden, und durch die Poesie können beide Seiten lernen, einander besser zu verstehen. Sie können Neues ausprobieren ohne zu stolpern, sich gegenseitig stützen und stärken und Erfolgserlebnisse verbuchen, aus denen sie mit mehr Selbstbewusstsein hervorgehen.